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Ein giftiger Cocktail als Urquell des Lebens 

Wasserfall                Sinterterassen           West Thumb         Mikrobengemeinschaft         Geysirrand       Grand Prismatic Spring     Mammoth Hot Springs    Norris Geyser Basin     Mikrobenmatten

 

Im Yellowstone National Park im Nordwesten der USA gibt es Orte mit Lebensbedingungen, welche denjenigen der Uratmosphäre der Erde sehr ähnlich sind. Hier studieren Wissenschafter den Beginn und die Grenzen des Lebens. 

Als im April 2010 der isländische Vulkan Eyjafjallajökull die Flugzeuge über Europa einige Tage an den Boden fesselte, wurde uns die Macht der Natur und die Verletzlichkeit unserer Alltagstechnik drastisch vor Augen geführt. Dabei war der Ausbruch nur ein Fürzchen im Vergleich zu dem, was der Supervulkan Yellowstone im amerikanischen Staat Wyoming bereits dreimal im periodischen Abstand von rund 650'000 Jahren in die Atmosphäre schleuderte. Bei der grössten Eruption vor 2,1 Mio. Jahren wurden 2500 Kubikkilometer Material aus der Erde gespuckt. Damit könnte man ein Gebiet von der Grösse der Schweiz mit einer etwa 70 Meter dicken Schicht zudecken. Der Ausbruch vor 1,3 Mio. Jahren war weniger heftig, doch vor 640'000 Jahren wurde immerhin wieder etwa ein Viertel der erwähnten Menge ausgeschleudert.

Dynamik dank Katastrophen

Grosse Katastrophen gab es mehrmals im Laufe der Erdgeschichte. Mindestens sechs solcher weltumspannender Ereignisse können heute belegt werden, wobei deren Ursachen sehr verschieden waren und von klimatischen bis zu interplanetaren Gründen reichten. Am Ende des Devons vor etwa 370 Millionen Jahren verschwanden beispielsweise fast alle Fische. Ein Meteoriteneinschlag löschte zwischen der Kreidezeit und dem Tertiär vor 65 Mio. Jahren die Dinosaurier aus. Sind solche Ereignisse aber tatsächlich Katastrophen oder lediglich bemerkenswerte Ereignisse? Über 99 % aller Arten, die je auf unserem Planeten gelebt haben, gelten als ausgestorben. Neue Arten traten in die Lücken ihrer Vorgänger, fanden mangels Konkurrenz sogar paradiesische Zustände. 

Viele der ersten vor über 3 Milliarden Jahren entstandenen Cyanobakterien auf unserem Planeten wurden von elementarem Sauerstoff in steigender Konzentration vergiftet, welchen sie selbst als Abgas ausstiessen. Dieser zersetzte auch das Methan in der Atmosphäre, was zu einer starken Abkühlung der Erde geführt haben dürfte. Als deren Nachkommen besiedeln heute Schwefel-, Methan-, Thermo- und Salzbakterien die extremsten Lebensräume. Wegen einer Reihe von Merkmalen, die sie seit Milliarden von Jahren bewahrt haben, werden sie Archaebakterien genannt. Erst vor knapp 2 Milliarden Jahren gelang es primitiven Einzellern, den Sauerstoff für ihren Stoffwechsel zu nutzen. Es wurden fast alle Lebensräume der Erde erobert. Pilze, Bakterien, Algen sowie Einzeller mit und ohne Zellkern besiedelten das Innere des Erdreichs, Vulkanschlunde, Erdöllager, hydrothermale Tiefseequellen und selbst das Innere von Steinen. Einige leben vom Sonnenlicht, andere nutzen Gase wie den nach faulen Eier stinkenden Schwefelwasserstoff. Die meisten sind hoch spezialisiert und an ihren Lebensraum optimal angepasst.

Einblick in den bunten Kochtopf des Lebens

Der Yellowstone Park ist der älteste Nationalpark der Welt. Bereits 1872 wurde er mit seinen heissen Quellen, Geysiren, Schlammvulkanen und Fumarolen unter Schutz gestellt. Doch was den Besucher ebenso in Bann zieht, sind dessen Farben als Resultat von Lichtbrechungen. In einem blauen Becken absorbiert Wasser alle Farben des Sonnenlichts ausser der blauen, welche in unsere Augen zurückreflektiert wird. Kommen jetzt Ablagerungen von Schwefel dazu, entsteht eine Türkisfarbe, so etwa in Emerald Springs. Grüne Farben können von Algen stammen, rostrote stammen oft von Wärme liebenden Eisenbakterien. Brillantes Gelb und Orange sind die Produkte von Bakterien, die in heissen Wasserpools wachsen. Jede Farbe repräsentiert einen anderen Bakterientyp, welcher einen bestimmten Temperaturbereich bewohnt. Zudem lösen sich im heissen Wasser der Geysire im Erdinnern Silikate und Kalkstein. Diese bilden an der Oberfläche ein weisses oder graues Sintergestein, welches die massiven Geysirkegel bildet, aber auch die schuppigen Ränder der heissen Quellen schmückt. 

Faszinierend sind so genannte Miniaturwälder, die aus einem Regenbogen von Orange, Rot und Braun bestehen. Mikroorganismen bilden dabei dicke Matten. Wie im Wald haben diese eine vertikale Struktur und strategische Funktionen. Organismen, welche nahe an der oberen Zone wohnen, machen eine Fotosynthese und bringen so Reservestoffe in die Lebensgemeinschaft hinein. Diejenigen welche tiefer wohnen, quasi im Unterholz leiten ihre Energie aus anderen chemischen Prozessen her. Sie receyclieren die Stoffe der oberen Organismen, so dass auf kleinstem Raum ein eigenes Ökosystem entsteht. Besonders augenfällig passiert dies im Grand Prismatic Spring, wo die primitive Alge Phormidium und das Cyanobakterium Synechococcus solche Gemeinschaften bilden. Schliesslich werden die Organismen durch heisses Wasser, welches Silizium ausfällt, lebend im Stein konserviert. Dieses Depot aus weissem Sinter wird schliesslich auch ihr Grab.