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Vietnam (II) – Aufwärts dank Fleiss und Reis  

Halong Bucht                  Reisterassen bei Cat Cat, Reispapierfabrik      Ziegelbrennerei                 Motorroller                    Wasserbüffel

Der tägliche Reis ist in Asien das tägliche Brot. Vietnam hat sich in den letzten Jahren hinter Thailand zum zweitgrössten Reisexporteur der Welt entwickelt.

Reis ist jedoch mehr als nur ein körniges Nahrungsmittel. Reismehl ist Bestandteil von sehr vielen verschiedenen Speisen. Wir durften in Cai Be eine Reispapierwerkstatt besuchen. Das netzartige Produkt wird als Hülle für die vielgestaltigen, schmackhaften Frühlingsrollen verwendet. Bei Temperaturen von über 30°C streichen die Arbeiterinnen die gasbeheizten Pfannen mit Öl ein und lassen danach aus durchlöcherten Büchsen das Reismehl-Wasser-Gemisch hinein fliessen. Wer Übung hat, schafft mit drei Pfannen gleichzeitig und erhöht dadurch die im Akkord produzierte Stückzahl wesentlich. Während wir schon beim Zuschauen vor Schweiss triefen, bleibt die Haut der Einheimischen trocken. In einem anderen Familienbetrieb werden Reispopcorn und Reisriegel hergestellt. Die Körner werden zuerst mit Sand zusammen erhitzt, was daneben fällt picken junge Hühnchen auf. Dann werden die Körner vom Sand befreit und mit einer Gewürz-Zuckermischung nochmals aufgekocht. Auf einem Holzrost wird die Masse ausgewalzt und in Stücke geschnitten. Je nach Aroma werden die von Hand zugeschweissten Verpackungen am Schluss mit einem unterschiedlichen Farbband versehen.  

Die Reisspreu dient vielerorts in Vietnam als CO2-neutrales Brennmaterial. Ganze Lastkähne fahren auf dem Mekongfluss damit herum. Am Flussufer stehen Ziegel- und Backsteinbrennereien, welche ausschliesslich mit den Reisspelzen beheizt werden. Die halbrunden Öfen erinnern an Bienenkörbe und werden wie Hochöfen rund um die Uhr betrieben. Nach der Reisernte suhlen sich die gutmütigen und geduldigen Wasserbüffel in den schlammigen Tümpeln. So wird ihre dicke Haut dank einer Lehmschicht noch besser gegen die Sonneneinstrahlung geschützt. Die „vietnamesischen Traktoren“ durchwühlen den Boden und düngen dabei auch gleich die Anbaufläche. Ihre Haut wird als Leder zu einem guten Preis zu Markte getragen.

Strassen sind Verkehrs- und Lebensadern 

In Vietnam scheint man sich an der Nahtstelle zwischen Frühindustriezeitalter und Moderne zu befinden. Das fleissige Volk muss und will anpacken. Schon sehr früh sind die Leute auf den Beinen. Um konkurrenzfähig zu sein wird der Arbeitstag lang. Der Lohn ist oft noch niedriger als in China. Da die Mieten in den Agglomerationen teuer sind, werden die Arbeitswege länger. Myriaden von Motorrollern haben die Fahrräder abgelöst. Der vietnamesische Verkehr ist für uns Schweizer schlichtweg verrückt. Bis zu fünf Personen haben wir auf einem Töffli gesehen, vom Säugling bis zur Grossmutter. Verkehrsregeln haben höchstens empfehlenden Charakter. Die Zahl der Verkehrstoten ist entsprechend sehr hoch. 

Das städtische Leben der Vietnamesen findet auf der Strasse statt. Dort wird gehandelt und gespielt, gekocht und gegessen. Auf kleinen Schemeln isst man mit Freunden und Bekannten zusammen auf dem Trottoir. Die Kost ist abwechselungsreich und schmackhaft. Es gibt sogar  knusprige Pariserbrote, Erbstücke aus der französischen Kolonialzeit. Doch in die Pfanne gehauen wird auch mal eine Ratte oder Schlange. Schlangen, Skorpione und Hundertfüssler (Skolopender) werden zudem in Reisschnaps eingelegt. Dieser „Schlangenschnaps“ soll auch äusserlich angewendet gegen verschiedene Leiden wirksam sein.

Der Tourismus nimmt zu 

Die vielen (vorwiegend) Frauen, welche in Vietnam einen Mundschutz und Handschuhe anziehen, haben weder die Schweinegrippe, noch kämpfen sie gegen Hautkrebs oder Smog. Sie wollen schlicht ihre weisse Haut bewahren, dies sei besonders hübsch. Gleichzeitig sonnen sich immer mehr Touristen, welche gebräunt werden wollen, an den weissen Sandstränden Zentralvietnams oder auf dem Oberdeck eines Segelschiffes in der nordvietnamesischen Halong Bucht. Die Vietnamesen haben diese Signale geschäftstüchtig richtig interpretiert und bieten zunehmend günstige Feriendestinationen an. Man weiss auch hier, was die Gäste aus der ganzen Welt am geheimnisvollen und freundlichen Vietnam zu schätzen wissen.