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HAWAII (III. Teil)

Kanonenschüsse wegen nackten Mädchen

Tempel        Polynesierin    Sandstrand        Windsurfen        Auto und Lava        Chinesen-Hut    Einsamkeit    Hana-Strasse        Science-City            Kaluakoi            Abendstimmung      

Die fünf Erdteile waren längst schon von Menschen besiedelt, als vor rund 2500 Jahren etwa 200 steinzeitliche Seeleute von den Marquesas-Inseln mit ihren Katamaranen Hawaii erreichten. Um das Jahr 1200 brachten kleine Gruppen aus Tahiti ein adeliges Hierarchiesystem und ihre Gesetze auf die Inseln. Als James Cook im Jahre 1778 auf diesen „Sandwich-Inseln“ landete, bewohnten rund 800'000 Einwohner den Inselgürtel.

Krankheiten und Ausbeutung

Nun folgten Jahre der menschlichen Tragödien und der Verzweiflung. Da die Ureinwohner gegen fremde Krankheiten nicht immun waren, dezimierten Pest, Cholera, Lepra und Geschlechtskrankheiten die polynesische Bevölkerung bis 1885 auf 40'000 Leute. Von 1819 bis 1860 versetzten Walfänger die „Wilden“ in ihren Erholungspausen durch Alkoholexzesse, Arroganz und Vergewaltigungen in Angst und Schrecken. Nach den Schilderungen von James A. Michener schwammen auch nackte Mädchen zu den Walfängern, bis Missionare dieses Bordellangebot stoppten. Die Seeleute gerieten darob derart in Wut, dass sie in Lahaina mit Kanonen auf ein Missionshaus schossen.

Erst biblische Peitsche, dann Zuckerbrot für die Herrschenden

Die ersten protestantischen Missionare kamen 1820 aus dem puritanischen amerikanischen Boston. Es gelang ihnen, die Könige und Adeligen zu bekehren und die lebensbejahende und fröhliche Naturreligion der Polynesier durch einen prüden Glauben zu ersetzen, welcher vor allem die Angst vor der ewigen Verdammnis ins Zentrum stellte. Verschiedenste weitere Religionsboten folgten auf dem Fuss. Nebst römisch-katholischen Glaubenshäusern findet man in Hawaii Kirchen der Methodisten und Mormonen, der Zeugen Jehovas, der Anglikaner, aber auch buddhistische, shintoistische und polynesische Tempel. Die Familiennachfolger der Missionare wurden oft Zuckerbarone, welche Arbeiter aus Puerto Rica, Japan oder den Philippinen ins Land holten. Diese Leute mussten unter erbärmlichsten Umständen und ohne irgendwelche Grundrechte auf den Zucker- und Ananasplantagen schuften. Um eine widerstandsfähige Menschenrasse zu züchten, schlugen die Barone vor, vorwiegend Chinesen zu importieren, welche gegen Krankheiten besonders resistent seien, und diese mit den Einheimischen mischen zu lassen. Lange vor Adolf Hitler führten sie erfolgreich das aus, was man heute als Eugenik und Sozialdarwinismus brandmarkt.

Vom Agrarstaat zum Ferienparadies

Nach dem Niedergang der hawaiianischen Zucker- und Ananasproduktion im 20. Jahrhundert und nach den Kriegsereignissen von Pearl Harbor wurde das bereits 1898 von den USA annektierte Hawaii 1959 als 50. Bundesstaat in die Vereinigten Saaten von Amerika aufgenommen. Nun folgte eine rasante touristische Entwicklung. Der früher den Hawaiianischen Königen vorbehaltene Sport des Wellenreitens erlebte eine echte Blüte. Daneben wurden Windsurfen, Golf, Triathlon und vulkanische Exkursionen zum Renner. Der östlich von Honolulu gelegene Strand des Fischerdorfes Waikiki wurde rasch zum international bekannten Badeort und zur Flaniermeile. Doch trotz des professionell vermarkteten Freizeitangebots kann man auf den Hawaiianischen Inseln noch immer menschenleere Küstenstriche finden. Auf dem 5 km langen und 100 m breiten Sandstrand des Papohaku Beach auf der Insel Molokai trafen wir an einem sonnigen Nachmittag keine andere Menschenseele!

Erwachendes Bewusstsein für die Wurzeln der eigenen Kultur

Wer aufgrund einladender Ferienprospekte mit Hula-Tänzerinnen glaubt, die Polynesier seien schlanke Leute, wird bald eines besseren belehrt. Dick sein galt seit jeher als Zeichen des Wohlstandes. Adelige Kinder wurden schon als Kleinkinder richtiggehend voll gestopft. So war denn auch der Übergang zur Kost der triefenden Hamburger und gigantischen Sandwiches der Amerikaner kein Verleugnen der eigenen Tischsitten. Da die Polynesier keine Schrift kannten, hatte es das Englische im Vielvölkergemisch relativ einfach, sich als Einheitssprache durchzusetzen. Die ursprüngliche Sprache mit nur sieben Konsonanten und fünf Vokalen erlebt jedoch heute eine eigentliche Renaissance. Dass sie auch in Schulen wieder gelehrt wird, ist ein Zeichen des neu entdeckten Selbstbewusstseins der Urbevölkerung.

Die Reise nach Hawaii war ein tolles Ferienerlebnis. Sie ermöglichte uns einen Einblick in biologische und kulturelle Veränderungen und vertiefte das Verständnis für die Mechanismen der Evolution. Etwas scheint sich seit der Landung von James Cook glücklicherweise wenig verändert zu haben. Es ist die gewinnende und offene Freundlichkeit der hawaiianischen Bevölkerung.