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HAWAII (I. Teil)

Geburtswehen im pazifischen Inselgürtel

 

Vulkandämpfe Geburtsstein Phallus-Stein        Fruchtwasser        Haleakala-Krater     Kilauea-Caldera    Waimea-Canyon        Lava                Spouting Horn

 

Es handelt sich um eine echte Unterwassergeburt. Die Basis der Pazifikinseln liegt tief im Meeresgrund. Wir werden Zeuge, mit welcher Urkraft die Erde neues Festland gebiert und stehen so wieder ganz am Anfang der Evolution. Am 20. Juni 2007 ist der Pu’u O’o, ein Nebenkegel des 4169 m hohen Mauna Loa auf der grössten Hawaii-Insel Big Island ausgebrochen. Seit 1984 ist der Vulkan stetig aktiv, eigentliche Eruptionsgarben sind jedoch selten zu sehen. Auch wir sind einige Tage zu spät. Die Lavaströme fliessen unter einer dünnen Kruste meist in unterirdischen Tunnels dem Meer entgegen, wo es beim Eintritt ins Wasser zu heftigen Explosionen kommen kann. Entlang des über 3 km breiten Kilauea-Kraters im Volcano National Park liegt die Vulkangöttin Pele noch im Geburtsschweiss, einer Mischung aus Wasserdampf und Schwefel.

 

Zeugung im eisernen Nadelwald

 

In der Sagenwelt Hawaiis ist man sich der symbolischen Verbindung von Erde, Feuer und Leben sehr bewusst. Inmitten von Ironwood-Bäumen (Casuarina glauca) findet man auf der Insel Molokai den  Kaule O Nanahoa, den Phallus-Stein. Der Volksglaube besagt, dass unfruchtbare Frauen, die in der Nähe dieses vom Wetter geschliffenen Steins übernachten, schwanger nach Hause kommen. Im Krater des 3055 m hohen Haleakala auf der Insel Maui brutzeln noch die Nabelschnüre der Neugeborenen, welche dort hineingeworfen wurden, damit die Kinder stark und tugendhaft würden. Tatsächlich ähneln erstarrte Lavaflüsse auffallend solchen Nabelsträngen. Mark Twain schilderte in seinen Briefen aus Hawaii 1866 diese Flüsse als versteinerte Niagarafälle. Dabei beschrieb er auch eine Nachtwanderung, erleuchtet durch das Licht der fliessenden Lava, obwohl der Vulkan zu dieser Zeit gar nicht aktiv war!

 

Geburt auf dem steinernen Stuhl

 

Bei der historischen R.W. Meyer Zuckermühle in Kaele auf der Insel Molokai findet man einen Geburtsstein. Er gleicht einem modernen Gebärstuhl. Daneben liegt ein Talisman, welcher den Neugeborenen Glück bringen soll. Die Leiterin des kleinen Museums erklärt uns, dass die adeligen Frauen früher auf dem Stein ihre Kinder zur Welt brachten. Fruchtbar ist hier auch das Land. Um den Stein wachsen Ananas und Zuckerrohr. Die üppige Fruchtbarkeit der Hawaii-Inseln wäre undenkbar ohne die Niederschläge, welche die nordöstlichen Passatwinde sehr  kleinräumig verteilen. Dieses „Fruchtwasser“ fliesst dann durch ein gefächertes Bachnetz und oft über Wasserfälle in die trockenen Küstengebiete. So entstehen inmitten von wüstenartigem Umfeld blühende und duftende Oasen. Kaum irgendwo sonst ist die Kleinräumigkeit der Wetterverhältnisse ausgeprägter als auf den Hawaii-Inseln. Kumuluswolken und Winde spielen Katze und Maus, der Regenbogen wird zum ständigen Begleiter der Sonne.

 

Das Tabu stammt aus Polynesien

 

James A. Michener beschrieb 1959 in seinem Historienroman „Hawaii“ den Begriff „Tabu“ oder „Tapu“. Das Wort, das „unverletztlich“ heisst, wurde aus dem polynesischen Sprachraum in die ganze Welt übernommen. So waren unter anderem auch Frauen während der Menstruation „tabu“ und mussten in eigenen Häusern wohnen. Im Gegensatz zu christlichen Kulturen hatten die indigenen Polynesier jedoch ein unverkrampftes Verhältnis zu ihrem Körper und zur Sexualität. Auch Geschwisterheirat innerhalb Königsfamilien war die Regel.

 

Irdische Mondlandschaft

 

Der Haleakala wird auch das „Haus der Sonne“ genannt. Halbgott Maui habe hier mit dem Lasso die Sonne eingefangen, in den Krater hinab gezogen und erst wieder frei gelassen als sie versprach, zukünftig langsamer über das Firmament zu ziehen. Mark Twain wollte nach eigenen Aussagen eine Woche auf der Insel Maui bleiben. Er blieb jedoch 5 Wochen dort, ohne die Feder anzurühren. Die Eindrücke der Urlandschaft mit ihren Minivulkanen, die schon die Astronauten des Apollo-Programms für Trainingsausflüge nutzten, lassen dieses staunende Nichtstun des Amerikanischen Literaten mehr als verständlich erscheinen.